Schwester Irmgarde feiert heute im Kloster Annenthal ihren 104. Geburtstag „Man sollte solide und schlicht leben“

Coesfeld, 23. Mai 2019 Nach dem Geheimnis ihres langen Lebens gefragt, hat Schwester Irmgarde einen einfachen Rat: „Man sollte solide und schlicht leben. Nicht heute so und morgen anders.“ Sie muss es wissen, denn heute feiert sie ihren 104. Geburtstag im Kloster Annenthal. Und auch wenn Augen und Ohren nicht mehr den Dienst tun, den sie sollten, so nimmt Schwester Irmgarde nicht nur am sozialen Leben innerhalb des Ordens der Schwestern Unserer Lieben Frau teil, sondern auch am öffentlichen. „Seit ich nicht mehr so gut hören und sehen kann, ist die Welt kleiner geworden. Aber sie ist da“, sagt die Jubilarin und hört jeden Tag halbstündlich die Nachrichten im Radio. Die Anliegen, Sorgen und Ängste, die sich dort ergeben, nimmt sie mit in ihre Gebete. Im Laufe ihres 104-jährigen Lebens hat sie so einige Sorgen und Ängste erlebt. Eigene, aber auch die von anderen. „Ich bin 1915 geboren, im Ersten Weltkrieg. In der Nachkriegszeit bin ich groß geworden. Unser Leben auf dem elterlichen Hof in Stadtlohn war einfach und schlicht“, erinnert sie sich. Acht Geschwister sind sie gewesen. Vier Jungen und vier Mädchen und sie genau in der Mitte. Von ihnen lebt heute nur noch eine Schwester, die ebenfalls einem Orden, den Vorsehungsschwestern in Stadtlohn, beigetreten ist. Sie ist im Januar 100 Jahre geworden. Gute Gene. Nachdem Schwester Maria Irmgarde, die mit bürgerlichem Namen Euphemie Hüske heißt, 1929 aus der Volksschule entlassen wurde, half sie im elterlichen Betrieb, ging später auf die Haushaltsschule in Vechta. Dort hat sie die Schwestern Unserer Lieben Frau kennen gelernt und ist 1942 in Cloppenburg eingekleidet worden. „Bei uns war nichts los und ich wollte etwas anderes sehen. Wir waren eine christliche Familie, die Religion stand bei uns im Vordergrund“, blickt sie zurück. Im Oktober 1944 legte sie ihre ersten Gelübde ab, im August 1949 die ewigen Gelübde. Dann folgten verschiedene Einsatzorte innerhalb des Ordens. „Ich bin immer beweglich gewesen im Leben“, erinnert sich Schwester Irmgarde mit einem kleinen Lächeln. „Erst war ich im Lazarett in Cloppenburg, das aber schnell wieder aufgegeben wurde, weil die Russen kamen.“ Später arbeitete sie in Münster in der Verwaltung des Caritasverbandes. „Ich habe mich um die Erholungsfürsorge für bedürftige Frauen und Kinder gekümmert. Die Frauen, die nach dem Zweiten Weltkrieg alles wieder mitaufgebaut haben, waren am Ende ihrer Kräfte. Ihnen und ihren Kindern haben wir dann eine Erholung ermöglicht, in unseren Schwesternheimen in Deutschland oder auch in Österreich.“ 30 Jahre hat sie beim Caritasverband gearbeitet, bevor sie 1981 nach Ahlen kam, um dort im Kloster St. Michael an der Pforte, im Speisesaal und in der Buchhaltung zu helfen. Bis 1996 – seitdem ist sie im „Unruhestand“, wie sie selbst sagt, und lebt im Kloster Annenthal. Heute, zum Geburtstag, wird es um 10.15 Uhr eine kleine Feier geben mit den rund 90 Schwestern, die dort leben, und Vertretern der Stadt sowie des Kreises. Aber ganz solide und schlicht.

 

Jessica Demmer - Allgemeine Zeitung